Der Holocaust wirft wichtige Fragen auf und widersetzt sich einfachen Antworten.
Dies ist die Schlussfolgerung, zu der ich nach fast einem halben Jahrhundert des Studiums des Holocausts gekommen bin, und dies ist der Grund, warum ich von Beth Krasemanns Arbeit „Die Geschichte des Holocaust – Erarbeitung durch Historisch forschendes Lernen“ so beeindruckt bin.
Lesen Sie nur kurz das Inhaltsverzeichnis und Sie stellen fest, dass viele wichtige Fragen aufgeworfen werden. Lesen Sie den Text, Kapitel für Kapitel, und Sie werden sehen, wie die Autorin Beweise sorgfältig abwägt, ohne eine Antwort zu geben, sondern zu Fragen einlädt. Sie liefert den Lesern, Schülern und Lehrern gleichermaßen das Rohmaterial, aus dem die Historiker zu ihren erworbenen Schlussfolgerungen gekommen sind. Krasemann präsentiert die Dokumente, die für Historiker die grundlegenden Bausteine für das Verständnis eines Ereignisses der Geschichte bilden. Diese Dokumente werden im Kontext behandelt - historisch, gesellschaftlich und persönlich. Sie zitiert aus Tagebüchern, die wie offizielle Regierungsdokumente oft zeitgleich mit den historischen Ereignissen geschrieben wurden und die diese Ereignisse personalisieren und sie so zur Wirklichkeit werden lassen, einer Wirklichkeit, wie sie im tatsächlichen Leben von Männern, Frauen und Kindern erlebt wurde. Die Autorin wagt es, die persönlichen Berichte von Tätern zu verwenden, entgegen der allgemeinen Vermutung, dass Verstehen gleichbedeutend mit Vergeben ist. Sie ist sich dabei allerdings auch bewusst, dass manche Rechtfertigungen der Täter die Lügen sind, die sie sich selbst erzählten. Die Leugnung des Holocaust fing nicht erst nach dem Holocaust an.
Pädagogische Einführung
Struktur der Module
Einführung: Die Schüler bekommen zuerst eine kurze Einführung in das Thema. Dies kann ein Text sein, der als Hausaufgabe erteilt wird oder die Lehrkraft kann mit einem kurzen, fokussierten Vortrag in das Themas einsteigen.
Unterrichtseinstieg: Als Einstieg wird der gesamten Klasse meist ein Bild oder ein Zitat vorgestellt, das jeweils projiziert werden sollte, zum Beispiel die Ecclesia im Modul zur Geschichte des Antisemitismus oder ein Bild von Kindern, die im Ghetto von Theresienstadt spielen, ein Zitat der Staatsanwaltschaft der Nürnberger Prozesse oder eine Tabelle mit den Wahlergebnissen von 1932. Die Schüler werden dann gebeten, Fragen zu stellen, ihre Beobachtungen einzubringen oder sich allgemein zum Thema auszutauschen.
Grundsatzfragen und Fragenhorizont: Hier erstellt die Lehrkraft zusammen mit den Schülern einen Fragenhorizont, der wie ein roter Faden durch das Modul führt. In jedem Modul sind die offensichtlichen Fragen vorangestellt, es lohnt sich aber immer, Tangenten zu verfolgen, besonders wenn sie von Schülern vorgeschlagen werden.
Dokumente und Primärquellen: Bei den vorgestellten Dokumenten handelt es sich um Videos, Bilder, kurze und längere Texte und Zitate. Die Videos und Bilddateien sollten projiziert werden, damit sie im Unterricht zusammen angesehen werden können. Wenn eine Projektion mit Audio nicht möglich ist, können die Videos und die dazugehörigen Fragen auch als Hausaufgabe gestellt werden. Die Bilder und kürzeren Texte sollten ebenso projiziert werden, können aber auch ausgedruckt und als Arbeitsblätter verteilt werden. Längere Texte sollten immer ausgedruckt, verteilt und dann besprochen werden.
Diskussion: Dies ist die abschließende Diskussion und Zusammenfassung aller Dokumente, die an die Vorstellung und Erarbeitung des letzten Dokuments anschließt. Nach einer Analyse aller Dokumente kehrt der Lehrer zu den übergeordneten Themen und den Leitfragen des Moduls zurück. Die Schüler werden gebeten, die Hauptthemen zusammenzufassen, und weitere Fragen zu stellen. Dies ist eine Gelegenheit für die Schüler zur Reflexion und das gesamte Material auf die abschließende Bewertung hin zu konsolidieren und diese gezielt vorzubereiten.
Bewertung: Diese abschließende Bewertung ist eine schriftliche oder mündliche Leitungsbeurteilung. Hier werden die Schüler gebeten, ihre eigenen Antworten auf die anfänglichen Fragen zu geben und so ihr Verständnis zum Thema zu artikulieren. Die Grundlage für die Bewertung kann eine Reflexion in Form eines Tagebucheintrags oder eines Journals, eines Aufsatzes oder eines Briefs sein.
Inhalt
Die Geschichte des Holocaust - Erarbeitung durch historisch forschendes Lernen Elizabeth und Volker Krasemann Vorwort 1 Danksagung 7
Die Geschichte des Holocaust – Erarbeitung durch historisch forschendes Lernen 9
Die lange Geschichte des Antijudaismus und des Antisemitismus 23
Die Weimarer Republik: Von einer Demokratie zur Diktatur 43
Die Machtübernahme der NSDAP 1933 77
Die 1930er Jahre: Eskalation – Ab wann wurde es für die Juden unerträglich? 101
Warum gab es so wenig Widerstand gegen das NS-Regime? Warum gab es in Deutschland so viele Mitläufer? 113
Euthanasie im Nationalsozialismus: Vorstufe zum Holocaust? 125
Die Olympischen Spiele von 1936: „Fake News“ – das Original 157
Warum verließen in den 1930er Jahren nicht alle Juden Deutschland?
Die Reichspogromnacht: Eine dramatische Eskalation und Wendepunkt des deutschen Antisemitismus 197
Warum wurden die Juden in Ghettos gesperrt und warum gab es keine Ghettos in Westeuropa? 219
Judenräte und Mordecai Chaim Rumkowski: Verräter, Kollaborateur oder Retter der Juden? 241
Ghettokultur: Konzerte inmitten des Leids – pietätlos oder überlebenswichtig? 261
Die Macht der Sprache und der Bilder –Theresienstadt 273
Widerstand in den Lagern und Ghettos 293
Menschenwürde und moralische Dilemmata: ethische Grenzentscheidungen 321
Judenretter, stille Helfer und nichtjüdischer Widerstand 341
Einsatzgruppen: Massenmörder – Gruppenzwang, blinder Gehorsam oder Führerhörigkeit? 361
Ein Mosaik der Opfer 375
Die Suche nach den Tätern. Wer trägt die Schuld? 383
Rudolf Höß: Kommandant von Auschwitz 395
Rückkehr zum Leben: Was bedeutet es, zum Leben zurückzukehren? Was bedeutet es, mit dem Leben neu anzufangen? 407
Denkmäler und Museen: Wie erinnern wir uns? 423
Gedenken und Erinnerung in Würde 429
Literaturverweise und weiterführende Literatur 441